Jetzt hat sie die Faxen dick

Bisher musste meine Frau immer die Gardinen in Schutz nehmen, mal gegen mich, mal gegen eine Freundin, die sie fragte, ob moderne Vorhänge nicht pflegeleichter seien. Ich vermute, dass sie es selber schon lange gewusst hat, sich aber nicht traute, die alten Erbstücke endgültig auszumustern. Jetzt aber scheint sie die Faxen dicke zu haben. Als ich vorgestern von der Arbeit nach Hause kam, saß sie in der Küche, vollkommen blass. Was ich erst für die Auswirkung eines Schrecks gehalten hatte, entpuppte sich sich schnell als Frust, welcher sich endgültig Bahn brach.

Ich möchte die Begriffe an dieser Stelle nicht unbedingt wiederholen, kann aber behaupten, sie selten so aufgebracht erlebt zu haben. Die Gardinen lagen jedenfalls, lieblos in einen frischen Müllbeutel gestopft, in der Ecke des Wohnzimmers. Da ich mich schon lange vorher mit Alternativen befasst hatte, holte ich unseren Laptop hervor und zeigte ihr ein paar Faltrollos mit Bedienstab, nicht ohne ihr dabei zu erklären, dass Farben, Muster und Materialeigenschaften frei wählbar seien und sie sich ja mal umschauen könne. Das tat sie dann auch.

Meine Idee war offenbar so gut, dass sie ihren Ärger teilweise begrub und sich mit den modernen Vorhängen auseinandersetzte. Ich wusste zwar immer noch nicht, was der eigentliche Auslöser gewesen sein sollte, weil sie einfach nicht darüber sprach. Als sie mich ein wenig später dann aber fragte, ob wir Faltrollos ohne Bohren montieren könnten, wusste ich mir den Grund ganz gut selber zusammenzureimen. Offenbar war sie bei den Gardinen am Aufhängen gescheitert. Wie jeder weiß, der selber mal welche hatte, ist dies eine Kunst für sich, damit es gut aussieht und erfordert viel Geduld, die nicht immer dafür reicht.